Wiener Bezirkszeitung
Radio Adria: Mit Josef Hader am Strand von Jesolo
Der Wiener Filmemacher Harald Zilka lädt mit seiner neuen Doku "Radio Adria – Eine Erfolgsgeschichte" zur Zeitreise in die Sommerurlaube der Achtzigerjahre.
WIEN. Juli 1980:
Rudolf Kirchschläger ist Bundespräsident, Mike Krüger stürmt mit "Der
Nippel" auf Platz 1 der Hitparade und die Schmiergeldaffäre rund um den Bau des AKH hat die
Republik erschüttert. In Arnoldstein reicht der Stau vor dem Grenzübergang nach Italien etliche Kilometer zurück. Hunderte Urlauber mit Dauerwelle
und rosa-grünen Bundfaltenshorts warten bei 28 Grad in bis zur Dachgalerie
vollgepackten VW-Käfer und Audi quattros ohne Klimaanlage auf die
Passkontrolle. Trotz der stundenlangen Warterei macht sich in den meisten Autos bereits Urlaubsstimmung breit,
denn auf der Frequenz UKW 97-99 ist bereits Radio Adria zu empfangen.
"Meine Eltern haben schon bei Villach Radio Adria im Autoradio
gesucht", erinnert sich der Wiener Filmemacher Harald Zilka an die
Urlaubsfahrten nach Lignano oder Bibione in seiner Kindheit. "Sie waren
große Fans und ich habe in meiner Kindheit achtmal das Studio nahe Grado
besucht." Auch dem Aufruf des Senders, Hörspiele einzureichen, kam der
junge Harald nach und zwei seiner Kurzgeschichten wurden den Hörern vorgelesen.
Und Hörer gab es genug: Bis zu zwei Millionen Urlauber aus Deutschland und
Österreich empfingen pro Tag den ersten österreichischen Privatsender, der ab
1977 aus einem Einfamilienhaus in Aquileia von Juni bis September sendete.
"Um 7:30 Uhr in der Früh ging es los. Geboten wurden Weltnachrichten zu
jeder vollen Stunde, Musik und Ausflugstipps in der Region", erzählt
Zilka, der dem Kult-Sender, der bis Anfang der Neunziger on air war, mit einer
120 minütigen Dokumentation nun ein filmisches Denkmal gesetzt hat.
"Anfang der 80er Jahre begann die Hörerbindung mit Personenrufen. War ein
Kind oder Hund am Campingplatz verschwunden oder wurde ein Arzt benötigt,
konnte man beim Sender anrufen und es wurde eine Durchsage gemacht. Besonders
bedeutend waren natürlich auch die Nachrichten zu einer Zeit, wo es in diesen
Urlaubsorten weder österreichische oder deutsche Zeitungen zu kaufen noch
Satellitenfernsehen gab."
Reichweite von Ancona bis Split
Gegründet
wurde der Privatsender vom damaligen Geschäftsführer der Tageszeitung "Die
Presse" Johann Fritz. "Eine deutsche Privatperson hat freie
Frequenzen in Italien etlichen deutschsprachigen Zeitungen angeboten. Johann
Fritz hat dann gemeinsam mit seiner Frau Brigitte Radio Adria gegründet.
Finanziert hat sich der Sender ausschließlich über Werbung", erklärt
Zilka. In den Achtzigern befand sich der Radiosender auf dem Höhepunkt seines
Erfolges und hatte eine Reichweite von Ancona bis Split. Zahlreiche Prominente
wie Peter Tichatschek, Hary Raithofer, Andy Woerz oder Paul Vècsei
arbeiteten als Redakteure und Moderatoren bei Radio Adria. 14 von ihnen hat
Zilka für seine Doku, die als DVD um 12.90 Euro unter www.radio-adria.webnode.at erhältlich ist,
vor die Kamera geholt. In Interviews nehmen Oliver Baier und Josef Hader
den Zuseher mit auf eine nostalgische Zeitreise und geben Einblicke in das
Urlaubsflair der Achtzigerjahre an der Oberen Adria.
"Der Nostalgiebedarf
ist sehr groß. Das sieht man an der Reichweite unserer Facebookgruppe `Radio Adria - Eine Erfolgsgeschichte´.
Interessanterweise haben wir auch sehr junge Fans ab 18 Jahren – das sind die
Kindeskinder der damaligen Urlauber." Neben Anekdoten wie einem für
ein Gewinnspiel am Strand von Bibione vergrabenen und fast nicht wieder
gefundenen Goldbarren und 500 Hörer, die an Regentagen dem kleinen Studio
nördlich von Grado einen Besuch abstatteten, wird auch die Bedeutung für die
Medienszene beleuchtet. "Radio Adria war der erste österreichische
Privatsender 20 Jahre bevor es in Österreich einen Privatsender gab", so
Zilka. "Karl Blecha, der 1983 Innenminister wurde, hat mir erklärt, dass der
Erfolg von Radio Adria eine Diskussion über die Abschaffung des ORF-Monopols
ins Rollen brachte."
1991 läutete ein neues Gesetz das Ende des Kult-Radiosenders ein, allerdings
kein österreichisches, sondern italienisches. "Es wurde ein Gesetz
verabschiedet, dass italienische Radiosender auch von einem italienischen
Inhaber betrieben werden müssen. Somit hätten die Gesellschaftsform und alle
Bücher geändert werden müssen. Es fand sich kein neuer Betreiber, zudem der
Tourismus an der Adria in diesem Jahr durch die Algenpest eingebrochen ist, der
Studiotechniker Angelo Tognon tödlich verunglückte und sich die
Medientechnik mit Satellitenfernsehen veränderte", so Zilka, der auch das
originale Kochbüchlein "Kochen mit Radio Adria" neu
aufgelegt hat (erhältlich um 6,99 Euro im Buchhandel). Trotz aller Wehmut und
Nostalgie rechnte Zilka, der für 2019 ein Sachbuch über Radio Adria plant,
mit keinem Comeback des Urlaubsenders. "So einen Erfolg würde es heute, wo
es in Grado WLAN gibt, nicht mehr geben. Eine Wiederbelebung des Senders würde
nicht glücken – Woodstock hat auch nur einmal funktioniert!"